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„Digitale Arbeitswelten sind ein neues Thema für Kleinstädte“ - Abschlussbericht

+++ Positives Fazit der Stadtoberhäupter von Dießen am Ammersee, Dippoldiswalde, Mölln, Oestrich-Winkel und Wittenberge auf abschließender Transferwerkstatt im Kleinstadtakademie-Projekt +++

Ende März hat sich Dießens Erste Bürgermeisterin Sandra Perzul mit den vier Amtskollegen des Kleinstadtakademie-Verbundes – bestehend aus Mölln (Schleswig-Holstein), Wittenberge (Brandenburg), Dippoldiswalde (Sachsen), Oestrich-Winkel (Hessen) und Dießen am Ammersee (Bayern) – in Mölln getroffen.

Gemeinsam mit weiteren beteiligten Projektpartnern aus den Kommunen, der TH Lübeck, dem Berliner Forscherteam foresightlab sowie der CoWorkLand Genossenschaft resümierten die Kleinstadtoberhäupter die zweijährige Zusammenarbeit. Sie tauschten ihre gemachten Erfahrungen aus und erarbeiteten Empfehlungen, für die nun unter Federführung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) aufzubauende Kleinstadtakademie.

In dem vom BBSR geförderten Vorhaben zur Vorbereitung einer künftigen Kleinstadtakademie hatten sich die fünf Kommunen im Mai 2021 zu einem Verbund zusammengeschlossen. Ihr gemeinsames Projekt widmete sich den aus der neuen digitalen Arbeitswelt ergebenden Herausforderungen und Chancen für die kleinstädtische Entwicklung vor Ort. Dabei gewonnene Erkenntnisse fließen als „Wissensbausteine“ in die Kleinstadtakademie ein.

Die in allen Gemeinden teils unter erheblichen Einschränkungen während der Corona-Lockdowns entfalteten spezifischen Aktivitäten trugen dazu bei, das Thema digitale Arbeitswelten für die Kommunen zu übersetzen und es damit auf die kommunalpolitische Agenda zu bringen. Experimentell wurden Erfahrungen gesammelt, wie auf eine zunehmend digitalisierte Arbeitswelt reagiert werden kann: mit einem Pop-up-Coworking-Space in Oestrich-Winkel, mit einer thematisch breit getragenen Aktionswoche in Mölln, wo zudem Aktivitäten des Sportvereins in Sachen e-Sports und Coworking unterstützt wurden, mit Schnupperangeboten in Dippoldiswalde für Rathausmitarbeitende „remote“ zu arbeiten, in Dießen im bestehenden Coworking Space gezielt für freiwillige Feuerwehrler, um ihnen auf eine höhere Tagesverfügbarkeit zielend das Pendeln aus dem Ort zu ersparen, mit einer kontinuierlich arbeitenden Task Force mit Spezialisten aus der Bürgerschaft in Dießen, mit wissenschaftlich begleiteten Bürgerbefragungen in Dießen, Dippoldiswalde und Wittenberge. In fünf „Transferwerkstätten“, die über die Projektlaufzeit verteilt einmal in jeder Verbundgemeinde stattfanden, wurden die vielfältigen Erkenntnisse vorgestellt, beraten und hinsichtlich der Entwicklung von Kleinstadtakademie-Wissensbausteinen reflektiert.


Wertschätzung für Dießener Aktivitäten

Bürgermeisterin Sandra Perzul hatte am Eröffnungstreffen im Oktober 2021 in Wittenberge, an der 2. Transferwerkstatt im Mai 2022 in Dießen und nun beim abschließenden 5. Treffen in Mölln teilgenommen. Begleitet wurde sie in die Eulenspiegelstadt Mölln von Gemeinderätin Petra Sander, Kindergartenreferentin und Mitglied der Dießener Kleinstadt-Akademie Taskforce. Als Projektmanager des Gesamtverbundes war auch Hans-Peter Sander, Vorstand der Ammersee Denkerhaus Genossenschaft und Leiter des hier angesiedelten Landesbüros Bayern der CoWorkLand e.G., dabei. Die Marktgemeinde vertreten hatten bei der 3. Transferwerkstatt im September 2022 in Oestrich-Winkel die Dritte Bürgermeisterin, Hannelore Baur, und beim vierten Zusammentreffen Ende November 2022 in Dippoldiswalde, Dießens Zweiter Bürgermeister Roland Kratzer. Kratzer hatte im gesamten Projektverlauf in Dießen die Federführung inne.

Bei der Rückschau in Mölln wurden die Bildung und kontinuierliche Arbeit der Dießener Kleinstadtakademie-Taskforce und die Bürgerbefragung „Neue Arbeitswelten“ vom vergangenen Sommer mit den anschließenden bislang zwei Bürgerworkshops als Beitrag zum Gesamterfolg des Verbundes hervorgehoben. Große Beachtung fand zudem ein noch laufendes Vorhaben in der Marktgemeinde: Mit dem zeitweiligen Angebot kostenfreier Schreibtischarbeitsplätze im Ammersee Denkerhaus – Coworking Space für Aktive der Freiwilligen Feuerwehren wird untersucht, ob sich mit diesen wohnortnahen Arbeitsmöglichkeiten die Tagesverfügbarkeit der Wehren erhöhen und unter berufstätigen Pendlern zusätzliches FFW-Personal gewinnen lässt.


Potenziale und Defizite herausgearbeitet

Zu der ganzen Reihe wertvoller und übertragbarer Erfahrungen gehören aus Sicht der wissenschaftlich-methodischen Begleiter von TH Lübeck und foresightlab: 1. die nicht immer einfache Aktivierung zivilgesellschaftlicher Akteure; 2. die Bedeutung des Aufbaus eines breiten Unterstützungsnetzwerks für Vorhaben, bestehend aus lokalen Akteuren aus den Bereichen Staat, Markt und Zivilgesellschaft; 3. die Schlüsselrolle der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters, die von der Bereitstellung erforderlicher Ressourcen über die Fokussierung der Verwaltung bis hin zur Moderation angestoßener Prozesse reicht; 4. die Notwendigkeit, eine längerfristige Perspektive zu entwickeln bzw. einzunehmen, als Grundlage für die Entfaltung kleinstädtischer Transformationspfade für mobiles, dezentrales und ortsunabhängiges Arbeiten.

Es ist überall deutlich geworden, dass die digitalen Arbeitswelten ein neues Thema für die Kleinstädte sind, so das Resümee der abschließenden Transferwerkstatt. Die aktuell herrschende hohe Aufmerksamkeit für die fortschreitende Digitalisierung von Arbeit und Geschäftsprozessen konnte im Projekt genutzt, an dem mit der Corona-Pandemie verstärkten Home-Office-Trend angeknüpft und auf bestehende lokale Vorerfahrungen wie den „Summer of Pioneers“ in Wittenberge und das schon 2013 gegründete Ammersee Denkerhaus – Coworking-Spaces in Dießen Bezug genommen werden. Dennoch war es für die beteiligten Kleinstädte weitgehend neu und herausfordernd, die sich aus der digitalisierten Arbeitswelt ergebenden Chancen und Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen und aufzugreifen. Den Kleinstädten fehlten für eine eigenständige und aktive Mitgestaltung der sich eröffnenden Handlungsspielräume noch Wissen, erprobte Zugänge zu den technologischen, organisatorischen und sozialen Zusammenhängen digitaler Schlüsseltechnologien sowie finanzielle, personelle und instrumentelle Ressourcen.

Es hat sich gezeigt, dass das Thema mittel- bis langfristig zu einem selbstverständlichen Teil einer zukunftsrobusten Daseinsvorsorge werden kann. Die Möglichkeit mobiler ortunabhängiger Arbeit erhöht die Attraktivität für ansässige wie potentielle Einwohner und es verbessert damit u.a. die Standortbedingungen für regionale Unternehmen und auch für die Verwaltungen. Mittelfristig gelte es, so die Experten, die Kleinstädte im Sinne regionaler Innovationsökosysteme weiterzudenken, um stärker in Kooperation von Handwerk, Handel, Unternehmen, Verwaltung, Schulen, Vereinen und Bürgerinnen und Bürgern neue und angemessene Formen digitaler Arbeit und auch Qualifizierung zu erproben.

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