Geschichte Dießens

Schon in der Jungsteinzeit und Bronzezeit lebten hier Menschen, wie Einzelfunde und Bestattungen zeigen. In römischer Zeit führte ein Teilstück der Straße Augsburg-Brenner in Nord-Süd-Richtung durch das Gemeindegebiet, die in Ost-West-Richtung verlaufende Straße Gauting-Kempten schnitt es im Süden an. Eine villa rustica und ein Münzfund deuten auf römische Ansiedlungen entlang dieser Straßen. Seit dem Frühmittelalter ist das Gemeindegebiet weitgehend erschlossen und kontinuierlich besiedelt. Die Weiler Bierdorf, Bischofsried und Unterbeuern sind Gründungen aus dieser Zeit, auch Bestattungen bei Obermühlhausen deuten auf eine Siedlung hin.

Die Ursprünge der Grafen und des Augustiner-Chorherrenstifts lassen sich nicht historisch fassen. Der Legende nach soll ein Graf Rathard bereits um 815 in St. Georgen ein erstes Kloster gegründet haben. Seit 1050 sind die Grafen von Dießen als Herrscher über das Gebiet bezeugt. Sie verlegten 1132 das Augustiner-Chorherrenstift von St. Georgen an den heutigen Standort der Klosteranlage. Wenig später gaben sie ihre Stammburgen Schönenburg und Schatzberg auf und verlegten ihren Herrschaftssitz nach Andechs und Wolfratshausen. Ihren ausgedehnten Dießener Grundbesitz schenkten sie dem Kloster, was die wirtschaftliche Grundlage der späteren Klosterhofmark bildete.
Der Ort wird 1039 als Diezen erstmals erwähnt. Seine Entstehung hängt wohl eng mit der Grafenfamilie und dem Kloster zusammen. Die Marktsiedlung wird 1231 civitas genannt, also Stadt. Sie war wohl planmäßig als Verwaltungssitz der Grafen von Dießen angelegt worden. Nachdem diese 1248 in der männlichen Linie ausstarben, fiel der Ort an die Wittelsbacher und wurde zum Markt herabgestuft. Im Konflikt mit dem Kloster verlor er vorübergehend auch diesen Status, bis der bayerische Herzog und deutsche König Ludwig (der spätere Kaiser Ludwig der Bayer) ihn 1326 zum Bannmarkt erhob. Ein herzoglicher Markt- und Seerichter übte von nun an die höhere Gerichtsbarkeit einschließlich des Blutbanns aus. Die niedere Gerichtsbarkeit über den Markt besaß der gewählte Magistrat mit den Bürgermeistern. Für die Klosterhofmark Dießen-St. Georgen war hingegen ein Klosterrichter zuständig. Diese Regelung bestand bis zur Säkularisation 1803.

Da fast alle umliegenden Ländereien dem Kloster gehörten, stand den Bürgern des Marktes kaum landwirtschaftlicher Grund zur Verfügung. Daher entwickelten sich dort vor allem Handwerk und Gewerbe. Schon seit dem Mittelalter gab es bedeutende Hafnerbetriebe, seit dem 15. und 16. Jahrhundert nutzten Papiermühlen, Gerbereien und Färbereien sowie Kugel- und Hammerschmieden die Wasserkraft des Mühlbachs. Die Gründung eines Devotionalienverlags durch Johann Baptist Baab 1740 brachte einen großen wirtschaftlichen Aufschwung mit sich und zog die Ansiedlung von weiteren Betrieben nach sich, darunter die heute noch bestehenden Zinngießereien. Seit dem 18. Jahrhundert sind Glasereien bekannt, bis ins späte 19. Jahrhundert prägten Brauereien und der dazugehörige Hopfenanbau den Ort. Die Fischer belieferten den Hof in München mit Edelfischen. Aus dieser Blütezeit stammen viele ortsbildprägende Bauten, darunter die teilweise noch erhaltene Klosteranlage mit dem Marienmünster und das heutige Rathaus.

Die Säkularisation mit der Auflösung des Klosters und dem Zusammenbruch des Devotionalienhandels sowie die Aufhebung des Markt- und Seerichteramtes hatten den wirtschaftlichen Niedergang des Marktes zur Folge, und der Ort versank in einem Dornröschenschlaf. Die vorübergehende Einrichtung eines Landgerichts Dießen 1862-1879 konnte die Lage nicht nachhaltig bessern. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts brachten die Einführung der Dampfschifffahrt und der Anschluss an das Eisenbahnnetz immer mehr „Sommerfrischler“ und Ausflügler und damit neue Erwerbsmöglichkeiten. Die malerische Landschaft und die preiswerten Unterkünfte zogen Künstler an, die sich am Westufer des Ammersees niederließen. Heute ist Dießen sowohl ein geschätzter Wohnort als auch ein beliebtes Ausflugsziel.